die geheime welt von nasla

Anouk

Ich war fast bei meiner Hütte angekommen, als ich ein Wiehern hinter mir vernahm. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, jemand verfolge mich, und anscheinend trog es nicht.
Als ich herumfuhr, entdeckte ich zwischen den Bäumen ein schwarzes Einhorn, welches ich öfter in der Gegend gesehen hatte. Wie hieß sie noch mal? Sheera? Shireen? Shay? Shi, genau.
"Guten Morgen, Shi", rief ich fröhlich zu ihr und winkte leicht.


Theo

"Theo, zu Ihren Diensten, Mylady." Seine Mutter hatte ihm einen anderen Namen bei seiner Geburt geben, doch seit er nicht mehr bei ihr lebte, hatte er Theo angenommen - kürzer und sicher.
Bei diesen Worten deutete er eine leichte Verbeugung an, was im Gehen nicht einmal so einfach war.
In diesem Moment bemerkte er ein junges Mädchen mit auffällig silberblondem Haar einige Meter von ihnen entfernt, das sie neugierig beobachtete. Etwas abwesend schenkte er ihr ein Lächeln und wandte sich wieder dieser Ana zu.

Anouk

"Nur nicht so ungeduldig", lachte ich, strich ihr über den Rücken und die weichen Nüstern. "Warte einen Moment."
Ich öffnete die Türe meiner kleinen Hütte, ging in den getrennten Kochbereich und nahm einen großen grünen Apfel aus der hölzernen Obstschale, die ich mir selbst geschnitzt hatte, und kehrte zurück zu Shi.
"Hier", sagte ich und streckte ihn ihr hin. "Ein kleines Frühstück gefällig?"

Theo

Er sah amüsiert zwischen den beiden Mädchen hin und her und steckte die Hände in den dunkelgrauen Mantel. Anscheinend verstanden sie sich nicht allzu gut... er musterte das neu hinzugekommene Mädchen mit leichter Neugierde. Als sie mit dem Kopf auf ihn deutete, hob er verteidigend die Hände. "Darf man denn nicht mehr mit jemandem unterhalten, ohne einen solchen Blick dafür zu bekommen?", fragte er und grinste leicht.

Anouk

"Gerne...", sagte ich. Als ich noch bei meiner Mutter gelebt hatte, besaßen wir zwei Pferde, die unseren Wagen zogen, und ich war oft auf ihnen geritten, obwohl sie ein wenig einfältig und eher nicht als Reit- sondern Zugtiere geeignet waren. Ich hatte oft überlegt, mir ein Pferd anzuschaffen, doch eigentlich brauchte ich es nicht, und so ein schönes Tier war sehr teuer. "Ich brauche nur noch ein Frühstück." Ich holte mir ein Stück des Brotes, welches ich gestern gebacken hatte, steckte es mir in den Mund und kehrte zu Shi zurück. "Einfach... aufsteigen?"

Theo

Er sah dem jungen Mädchen mit gerunzelter Stirn nach.
"Die ist ja ein komischer Vogel", sagte er mehr zu sich. Er verstand ihre plötzlichen Gemütswechsel nicht wirklich - die Pubertät war mehr oder weniger an ihm vorbeigezogen. Dem Himmel sei Dank.
"Gehen wir weiter?", wandte er sich an Ana.

Theo

"Wir ist das Wort ersten Person Plural, das zwei oder mehrere Personen umschließt", erklärte er grinsend mit gespielt geduldiger Stimme. Er wollte noch nachsetzen, dass er schon verstehen konnte, dass sie das Wort nicht kannte - aber vielleicht lebte sie wirklich ein wenig einsam. Und dort nachzuhacken - so fies war nicht einmal er. "Du und ich gehen diesen Weg entlang - das ergibt ein wir."

Theo

Wir... Du und ich haben denselben Weg, wieso sollten wir nicht gemeinsam gehen?"
Bei ihrer zweiten Aussage wurde er leicht beunruhigt. Natürlich glaubte sie wahrscheinlich selbst nicht daran - und er war kein Killer, sondern bloß ein Spion - aber trotzdem war es ein Zweifel.
"Ich könnte ein Killer sein", sagte er, "aber auf keinen Fall ein eiskalter. Wie du sehen kannst, bist du noch nicht tot."

Anouk

"Okay. Tut mir leid, ich bin einfach noch nie auf einem Wesen geritten, das meine Sprache sprechen konnte", lachte ich und schwang meine Beine auf ihren Rücken. Damit ich nicht sofort wieder hinunterrutschte, griff ich zögernd in ihre Mähne. "Alles klar."

Theo

Überrascht sah er sie an. Der Kommentar war so gut, dass er sogar von ihm stammen könnte. Nur blöd, dass er nicht selbst auf diesen Wortwitz gekommen war. Ein breites Grinsen schlich sich über sein Gesicht. Der zweite Satz kam schnell - zu schnell.
"Ja, tatsächlich denke ich so von meiner bescheidenen Person - aber du anscheinend auch."

Anouk

"Keine Sorge, ich kann reiten", lachte ich. "Du brauchst nicht wie auf Samtpfoten zu gehen." Für einen Moment schwieg ich und betrachtete die Bäume, die langsam an uns vorbeizogen und ihre grünen Blätter oder spitzen Nadel im Wind wiegten.
"Kelpie?", sagte ich dann. "Ist das nicht so ein Wasserpferd, das Menschen ins Wasser zieht?"

Theo

Bedauernswerter Weise habe ich mir diese Fähigkeit noch nicht angeeignet", sagte er mit klagender Stimme. "Aber ich bin durchaus in der Lage, in den Spiegel zu sehen, ob du's glaubst oder nicht. Und Gesichtsausdrücke, die kann ich auch lesen."

Theo

Seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Selbst wenn es ein gut gemeinter Ratschlag war, mochte er es nicht, wenn man ihm sagte, wie er sich zu verhalten hatte. Schließlich redete er hier mit einem gleichaltrigen Mädchen und nicht mit einem Arbeitsgeber, da benahm er sich natürlich anders - aber wie lautete noch einmal die Devise? Nicht auffallen, nicht auffallen.
"Danke für den Rat", sagte er, "aber ich hoffe, dass man mich so akzeptiert, wie ich eben bin - das ändert schließlich nichts an meinen Fähigkeiten."

Anouk

Als sie das Tempo steigerte, presste ich instinktiv die Schenkel etwas an ihre Flanken, um nicht abzuruschten, und beim Galoppieren brauchte ich einige Sekunden, um nicht wie ein Gummiball auf und ab zu hüpfen sondern im Takt mitzugehen, und hielt mich in der Mähne oberhalb des Wiederrists fest. Ohne den Sattel und das Zaumzeug war Reiten ganz schön gewöhnungsbedürftig.
"Ich mag dich auch", lachte ich.

Theo

Sofort schrillten seine Alarmglocken. Er sollte diesen Fragen möglichst ausweichen - um keine Fehler zu riskieren. "Ähm... zaubern, das haben Magier so an sich", lachte er, von seiner Unruhe ließ sich Theo nichts anmerken.Damit sie nicht weiter nachhackte, fügte er hinzu: "Solche Dinge wie leichte Telekinese, einfache Verwandlungen, erzeugen von Feuer und so weiter. Und was kannst du?"